Früher einmal hauste auf dem "grünen See" im unteren Ormontstal ein schneeweiss gefiederter Drache. Wenn er mit seinen gewaltig langen und breiten Flügeln auf dem Spiegel dahinruderte, verschlang er alles Getier, das er antraf, vor allem Wildenten und Gänse, die sich auf der Oberfläche des Wassers tummelten, so dass diese binnen kurzem wie ausgestorben war.
Nahten sich aber dem See schöne junge Mädchen in bunten, leuchtenden Gewändern, dann schwamm er, um sie nicht zu erschrecken, langsam und hell singend an das Ufer, hob den schimmernden Schwanenhals und ass gar zierlich und manierlich den frischen Zieger oder Käse, den sie ihm darreichten, aus ihrer Hand. Dann entlockte er seiner Kehle wie zum Danke die klarsten und süssesten Töne, während er vor ihren Augen alle möglichen Schwimmkünste ausführte, bis er mit einmal untertauchte und verschwand.
Quelle: "Schweizer Sagen", A. Büchli, Sauerländer, 1971
Donnerstag, 22. März 2007