In heidnischen Zeiten wimmelte es in der Gegend von Kierwang bei Fischen von allerlei Drachengelichter.
St. Magnus hat sie nachmals alle erledigt und nur ein einziges Drachenjunges übriggelassen. Das hatte ihm leid getan, weil es noch nichts Böses vollführt hatte. Darum schickte der Heilige es nicht zur Hölle, sondern empfahl den Kierwangern, den kleinen Drachen zu einem brauchbaren Helfer beim Roden des Urwalds zu erziehen.
Die Kierwanger taten's mit Geschick. Der Drache legte ganze Wälder um, zersägte die Bäume mit seinem Schuppenkamm, schleppte Holz und Steine, mehr als acht Pferde vermocht hätten; er räumte im Winter den Schnee im Dorf und soll sogar beim Strassenbau geholfen haben. Im ganzen Allgäu war der Kierwanger Drache berühmt.
Nur einen Fehler hatte er: Heu und Stroh wollte er nicht fressen, und von Mäusen allein wurde das grosse Tier nicht satt. Deswegen, wenn es seine Herren nicht sahen, schnappte er ihnen bisweilen einen Schumpen von der Weide weg. Nun verstehen die Allgäuer, wenn es sich um Schumpen handelt, keinen Spass. Sie hielten Gericht und verurteilten ihren Drachen zum Tode. Im Schlaf sollte er mit Beilen zerhackt werden.
Wie staunten sie aber, als beim ersten Schlag auf die Brust des Ungeheuers ein Strahl Milch herausschoss, so stark, dass es die Drachentöter fast weggeschwemmt hätte. Einer von ihnen hatte dabei etwas von der Milch in den Mund bekommen; der schrie laut auf, das sei ja die beste und fetteste Milch, die man sich nur denken könne.
Jetzt rannte alles mit Kübeln und Stotzen, um den Segen aufzufangen. Der Drache gab mehr Milch als alle Kierwanger Kühe zusammen. Nun waren die Bauern natürlich schnell eins, dass man den Drachen am Leben lassen und behalten wolle.
Der aber war nun seinerseits beleidigt. Er wollte nicht mehr. Anderntags war er fort, und niemand wusste wohin.
Quelle: Kath. Pfarrei St. Mang, Füssen
Sonntag, 7. September 2003