Der Küfer von Luzern und die Drachen

Gemeindewappen Hergiswil

Der Küfer von Luzern und die Drachen vom Pilatus

Ungefähr im Jahre 1410 erlebte ein Bürger von Luzern, wohnhaft in der Eisengasse und Küfer von Beruf, mit Drachen eine gar wundersame Geschichte.

Der Küfer ging zur Herbstzeit allein und ohne jeden Gefährten den Hergiswald hinauf. Er gelangte in die rauhe Wildnis unterhalb des Fräkmünd, das auch Pilatusberg genannt wird, und suchte dort Reifenstangen für sein Handwerk. Als er so durch eine wilde Schlucht zwischen Felsen gehen wollte, fiel er unversehens in eine tiefe Grube. Als er sich umsah, bemerkte er neben sich zwei grosse, ungeheuerliche Lindwürmer, die sich eben für den nahenden Winter zurecht machten. Der Küfer erschrak, was wohl begreiflich ist, darüber sehr, und da er sich von aller menschlichen Hilfe verlassen sah, hielt er sich so still er nur konnte. Dann befahl er sich, dieweil ihm nichts anderes übrig blieb, der Barmherzigkeit Gottes.

Während er so gläubig Gott anflehte, stand der Allmächtige ihm in dreifacher Weise sichtlich bei. Die Würmer und Untiere, die Drachen glichen und Füsse hatten, zeigten sich sanft und zahm und taten dem Küfer kein Leid an. Und der Küfer, einer innern Stimme folgend, richtete sein Verhalten nach dem der Tiere, die immer wieder an den Felsen leckten und sich von deren salzigen Absonderungen ernährten. In dieser Weise fristete auch der Küfer sein Leben und brachte den Winter zu, ohne unter dem Frost zu leiden. Und zum dritten gewöhnte der Küfer die Tiere so sehr an sich, dass sie zutraulich wurden und ihm damit das Mittel seiner Rettung boten.

Nachdem der Küfer bei den Ungeheuern den Winter wie bei freundlichen, zahmen Gesellen zugebracht hatte, und der Frühling in das Land zog, rüsteten sich die Würmer, wie das ihre Gewohnheit war, zur Ausfahrt. An einem schönen Tage krochen sie aus ihrer Höhle und schwangen sich auf den Felsen. Als der gute Mann dies sah, bereitete es ihm grossen Schmerz, dann er sah nun den Augenblick gekommen, da er in völliger Einsamkeit und hilfloser Lage zurückgelassen würde.

Aber Gott fügte es, dass sich der eine der Würmer oben auf dem Rande des Loches noch einmal umwandte und den Mann ansah, so sprechend, als wollte er ihn auffordern, mitzukommen. Das Tier winkte ihm wie ein vernünftiges Wesen, liess seinen langen dicken Schwanz in das grausige Loch hinunter hängen und hielt so lange still, bis der verlorene Mann sich ein Herz fasste und sich mit beiden Händen an den Schwanz des Tieres hing. Da zog ihn der Drache heraus, und sobald der Küfer sich vor der Höhle befand, fuhren die Drachen schnell wie der Pfeil von der Armbrust hinweg.

Der Küfer aber dankte Gott dem Allmächtigen für die Erlösung. Er kehrte glücklich nach Hause zurück und bestellte ein Messgewand, so reich es seine Mittel zuliessen. Auf das Messgewand liess er die Gestalt der Würmer sticken, in deren Gesellschaft er den Winter zugebracht hatte.

Das Gewand schenkte er der Kirche im Hof, wo es mit anderem Kirchenschmuck alljährlich am Mauritiustag im Chor der Kirche gezeigt wurde.

Quelle: "Luzerner Sagen / gesammelt und erzählt von Kuno Müller", K. Müller, E. Hang, 1986

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Mittwoch, 21. März 2007